Barbara Heinisch: Berlin 1980

IM MALPROZESS LIEGT DER AUGENBLICK DER WAHRHEIT 80

IM MALPROZESS LIEGT DER AUGENBLICK DER WAHRHEIT

In meinen Aktionen mit anderen steht die Kommunikation im Vordergrund.
Meine Beziehung zu ihnen, meine Zuwendungsbereitschaft wird zur Gestalt,
zur Form durch die Malerei. Sie ist nicht nur bloßer Spiegel meiner Gefühle,
im selben Umfang stellt sich erarbeitetes Können dar.
Die Modelle sind nicht mehr Modelle im traditionellen Sinn,
sondern Zusammenarbeit mit ihnen wird für mich erst möglich, wenn analog
zu mir Zuwendungsbereitschaft gezeigt wird. Im Malprozess wird deutlich,
in welchem Umfang das individuell geleistet werden kann.

ZUR EROTIK

Eros bedeutet Leben, aus der erotischen Nähe zu anderen entwickelt sich Leben.
Die Erotik meiner Modelle ist der Ausgangspunkt für mein Vorhaben,
ein Bild von ihnen zu schaffen. Malerische Linien und Flächen setzen sich dabei
gegen den real vorhandenen Körper des Modells, um zum Bild werden zu können.
Die Materialien wie Farbe, Pinsel und Leinwand haben ihre Eigengesetzlichkeit,
das heißt ihre eigene Sprache, welche von mir während des Vorgangs
berücksichtigt werden muss.
Die real vorhandene Erotik der Modelle wird von mir auf die Leinwand durch
die real vorhandene Erotik der Farben übertragen und gestaltet.

Für gelungen erachte ich ein Bild, wenn es lebt über seine Farbigkeit und seinen
lebendigen Aufbau. Das heißt, was vorher hinter der Leinwand lebendig
vorhanden war, ist nun fixiert und übersetzt auf die Oberfläche des Tuches,
welches nach der Aktion zu einem Tafelbild geworden ist.
Dieses Vorhaben betont meinen Willen zu malen mit der Hilfe der Menschen,
meine Hoffnung und meinen Glauben an ihre menschliche Würde und Einzigartigkeit.
Die Bilder sind Spiegel meines inneren Zustandes, ebenso Spiegel der Gefühle und
Überlegungen der Modelle, die individuell nach den ihnen adäquaten Äußerungen drängen.
So lebt meine Malerei von der Mitarbeit der anderen, der mich umgebenden und
mir zugewendeten Personen und ist ohne sie nicht denkbar.

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